Kennst du das? Eben lag dein Hund noch ganz ruhig neben dir, du greifst nach dem Zergel – und zack, explodiert er vor Aufregung. Oder du ziehst nur die Futtertasche auf, und plötzlich steht da ein völlig aufgedrehter Hund mit Tellern statt Augen und wackelndem Hinterteil. Willkommen auf der Erregungskurve!

Aber Moment – was ist das eigentlich, diese „Erregungskurve“, von der du vielleicht auch schon gehört hast?

Die Erregungskurve beschreibt den inneren Aktivierungszustand deines Hundes. Sie reicht von total gechillt (fast schon schläfrig) bis hin zu völlig außer sich (nicht mehr ansprechbar). Und irgendwo dazwischen liegt das Optimum: Ein Zustand, in dem dein Hund wach, aufmerksam und handlungsfähig ist – aber eben noch nicht kopflos aufgedreht. Genau da wollen wir im Training und im Alltag möglichst oft hin.

Das Spannende ist: Du kannst diese Kurve gezielt beeinflussen. Und zwar mit etwas, das du ohnehin schon täglich einsetzt – Futter und Spielzeug.

Futter – mehr als nur Belohnung

Futter ist nicht gleich Futter. Es macht nämlich einen großen Unterschied, wie du fütterst. Kekswerfen in hohem Bogen, lautes anfeuern, viel Bewegung: Das pusht. Dein Hund wird wacher, schneller, aufgeregter. Das kann super sein – zum Beispiel, wenn du mit einem eher trägen Hund ein bisschen Energie in eine Übung bringen willst.

Aber manchmal willst du genau das Gegenteil: Runterkommen. Dann lohnt sich ein anderer Weg – langsames Schlecken an einer Schleckmatte, ein großes Kaustück, ruhiges Füttern aus der Hand. Diese Formen von Futtergabe aktivieren den parasympathischen Teil des Nervensystems, also den Teil, der für Entspannung zuständig ist. Kauen und Schlecken haben dabei sogar eine nachgewiesen stresssenkende Wirkung – das zeigt sich übrigens auch beim Menschen (denk mal an Kaugummikauen in Prüfungen ).

Spiel – pushen oder regulieren?

Auch beim Spiel geht’s richtig zur Sache. Ein wildes Zergelspiel oder Hetzen nach dem Ball katapultiert deinen Hund ziemlich weit nach oben auf der Erregungskurve – je nach Typ und Temperament auch gerne mal über die Wohlfühlgrenze hinaus. Und dann wird’s schwer, ihn wieder „einzufangen“.

Aber: Du kannst auch beim Spielen bewusst regulieren. Zum Beispiel durch kleine Übungen (z.B. beim Zergeln: Das Zergel wird mal deutlich sanfter und weniger bewegungsintensiv geführt und dann wieder schneller/heftier). Oder indem du nach einer aktiven Spielrunde eine ruhige Beschäftigung einbaust – etwa eine Schnüffelaufgabe oder ein Leckerli in der Decke suchen lassen (Cooldown).

Spiel ist nicht per se zu wild – aber es sollte immer so gestaltet sein, dass dein Hund nicht kopflos „abhebt“. Und wenn du das Gefühl hast, er hat gerade keinen Zugriff mehr auf sich selbst: lieber kurz durchatmen lassen und später nochmal neu starten.

Ein kleiner Blick in die Biologie

Lass uns kurz tiefer tauchen – keine Sorge, du brauchst kein Biologiestudium

Die Erregungslage deines Hundes wird stark über das sogenannte autonome Nervensystem reguliert. Das besteht aus zwei Gegenspielern:

Sympathikus:

Aktiviert den Körper in Stresssituationen oder bei körperlicher Anstrengung.
Erhöht Herzfrequenz, Blutdruck und Atemfrequenz.
Verengt Blutgefäße und steigert die Muskelspannung.
Verlangsamt Verdauung und andere Ruhefunktionen.
Wirkt als "Kampf-oder-Flucht"-System.

Parasympathikus:

Bringt den Körper in einen Zustand der Ruhe und Entspannung.
Verlangsamt Herzfrequenz und Blutdruck.
Fördert Verdauung und andere Ruhefunktionen.
Wirkt als "Ruhe-und-Verdauungs"-System.
Hält den Körper im Gleichgewicht und verbraucht Energie sparsam.

Der Sympathikus bereitet den Körper auf Aktivität vor, während der Parasympathikus für Erholung und Regeneration sorgt. Beide Systeme arbeiten zusammen, um die Körperfunktionen optimal zu regulieren und an unterschiedliche Situationen anzupassen.

Futter kann beides aktivieren – je nachdem, wie es eingesetzt wird. Gleiches gilt für Bewegung. Ziel ist es also, das passende Maß zu finden – und im richtigen Moment den passenden „Knopf“ zu drücken.

Wenn du das beherrschst, kannst du deinen Hund gezielt in Erregung bringen – um Motivation zu erzeugen, und du kannst ihn auch wieder runterholen – um Fokus und Entspannung zu ermöglichen. Wie immer musst du natürlich genau schauen, was dein Hund für ein Typ ist und wieviel für ihn von Nöten ist.

Fazit

Spielzeug und Futter sind mehr als Belohnung. Sie sind echte Werkzeuge zur Erregungsregulation. Wenn du verstanden hast, wie dein Hund auf verschiedene Reize reagiert, kannst du das aktiv nutzen – für besseres Training, mehr Alltagstauglichkeit und mehr Balance im Zusammenleben.

Es geht nicht darum, deinen Hund „ruhigzustellen“ – sondern darum, ihn in den Zustand zu bringen, in dem er klar denken, mit dir kooperieren und sich selbst gut steuern kann.

Deine Aufgabe:Achte in den nächsten Tagen mal bewusst darauf, wie dein Hund auf verschiedene Formen von Futtergabe und Spiel reagiert:➤ Was bringt ihn hoch?➤ Was hilft ihm, runterzukommen?Probiere aus, welche Art von Belohnung du in welcher Situation einsetzen willst – und beobachte, wie sich euer Zusammenspiel dadurch verändert.Und wenn du Lust hat, mach gerne ein Video davon, welches du mir schickst. Wir können dann gemeinsam im nächsten Clubmeeting das Ganze mal analysieren :-)

Hier haben wir die Lektion besprochen!

Erregung steuern – mit Spiel und Futter bewusst regulieren

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